Auszug aus Kapitel „Zweifel“

»Darum will ich lieber wieder den sanftmütigen Schmetterling Uri zur Erklärung heranziehen. Er half uns ja bei der Feststellung, dass alles, was auf Wahrnehmung beruht, von außen einwirkt und stets Gegenwart ist. Das gilt auch, wenn wir einen Film ansehen, in dem Uri herumfliegt. Egal, ob Auge oder Kamera, jedes Einzelbild fixiert eine unbewegte Szene. Kein Bild kann Veränderung zeigen, geschweige denn sich selbst verändern. Dennoch meinen wir, die Flugbewegung zu sehen, weil durch die rasche Bildfolge der Anschein von Bewegung erzeugt wird.«

»Gut und schön: Sinnestäuschung und meinetwegen auch Zeitbetrug. Trotzdem gab es doch den aufgenommenen Flug eines realen Schmetterlings.«

»Bist du da sicher? Es könnten doch auch Bilder sein, die von einem Illusionisten mit dem Computer erzeugt sind.«

»Na gut. Dass wir Wahrnehmungen nur als wahr annehmen, das ist ja nicht neu. Aber deswegen kannst du nicht behaupten, auch unser Denken sei Betrug.«

»Kannst du denn widerlegen, dass unsere Gedankengänge ablaufen wie die Filmprojektion? Unser Geist könnte die Leinwand sein, nicht der Projektor. Das Gedachte könnte von außen kommen, nicht von uns selbst erzeugt sein. Nicht das Radio produziert die Nachrichten, es empfängt sie vom Sender.«

»Kein schöner Gedanke, den du mir da eingeben willst.«

»Doch selbst wenn du die Gedanken selbst erzeugst, so müssen sie nicht zwangsläufig von dir kontrolliert sein. Auch der Traum ist Wahrheit! Bis wir erwachen. Erst dann erkennen wir den Schwindel.«

»Und deinen Schwindel erkenne ich auch. Denn ich drehe mich im Hirnkino um, sehe hinter die Kulissen, suche nach Leinwand und Projektor!«

»Genau! Wenn du das kannst, dann ist sicher, dass du nicht nur ein Ding bist, das Gedanken empfängt wie der Fernseher das Programm. Ein Traum kann sich nicht selbst bezweifeln, ein Betrug sich nicht selbst entlarven. Wer in der Lage ist zu zweifeln, der muss aktiv denken.«