Auszug aus Kapitel „Das Rätsel des Turmzimmers“
Kurze Zeit später standen die Schwestern in der Tür des achteckigen Raums und betrachteten schweigend dessen Einrichtung. »Nette Bude«, brach Siri den Respekt: Ist wirklich wie die Majorshütte. Da hat sich Wendur echt Mühe gegeben! War bestimmt nicht leicht, das Bild zu kriegen.«
Sie ging auf das Gemälde zu, als wolle sie prüfen, ob seine Farben trocken wären, stutzte aber, da sie drei großgeschriebene Zeilen auf dem obersten Blatt des Papierstapels bemerkte, der auf dem Schreibtisch lag:
Sofies Spiegelwelt
Teil I
Gefangen im Netz
Neugierig schob sie das Titelblatt beiseite. Darunter erschien ein maschinengeschriebenes Manuskript, beginnend mit der Kapitelüberschrift „Ein Fall und die Folgen“. Darin blätternd fragte sie Anele, die längst an ihrer Seite stand: »Denkst du, was ich denke?«
»Wenn du meinst, darin steht die Lösung des Rätsels, dann ja.«
»Das und noch mehr: Wenn wir ein Buch in einer Umgebung finden, die eindeutig auf Sofies Welt verweist, Sofie aber Figur eines Romans ist, der für Hilde geschrieben wurde, dann ist das der Beweis.«
»Beweis für was?«
»Dafür, dass wir gestern unheimlich genervt waren. Es war eine absurde Furcht, dass wir wie Sofie wären; erfunden statt real. Das hier«, Siri wies auf den Stapel Manuskriptblätter, »belegt, dass wir wirklich sind, weil für uns ein Buch geschrieben wurde.« Sie hätte einen Freudentanz aufgeführt, wäre sie nicht von der Atmosphäre des Zimmers gezügelt worden.
»Wenn es für uns geschrieben wurde«, schränkte zudem die Jüngere die Begeisterung ein.
»Für wen sonst? Kennst du etwa noch jemanden in Ureda außer dir und mir und Wendur, der der Verfasser sein muss?«
»Ein Autor kann auch für sich selbst schreiben. Wir dürfen nicht einfach hier hereintrampeln und etwas nehmen, das uns womöglich nichts angeht.«
»Quatsch! Wenn Wendur es nicht für uns verfasst hätte, dann läge es nicht so offensichtlich herum. Auch wäre das ganze Sofie-Arrangement sinnlos. Schließlich könnte er bequem in seinem Zimmer daran herumwerkeln und müsste nicht lange Wege über unbequeme Stiegen schlurfen, um hier oben …«